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"Leib- und Seelsorge" - Besuch aus Guatemala

Zwei Höhepunkte hatte der Gottesdienst am 19. Juni 2005: Die Taufe von Falk Christian und Jannik Kaus und den Besuch von Pfarrer Christoph Schweikle mit seiner Familie, Frau Renate, Tochter Noemi und Sohn Jonathan.

Pfarrer Schweikle kommt von der Congregación Luterana La Epifanía in Guatemala. Sie hat für zwei Projekte die Verantwortung übernommen, die auch von unserer Gemeinde seit 25 Jahren unterstützt werden: El Incienso und La Ventosa. Unter dem Predigttext "Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen" (Galaterbrief 6, 2) erklärte er, was das in Elendsgebieten Guatemalas bedeuten kann. Außerdem schmückte die Familie Schweikle mit eindringlichen Liedern die Feier.

Danach wurde im Turmsaal ein Film über El Incienso und La Ventosa gezeigt, an den sich lebhafte Fragen anschlossen. Es war nach 13 Uhr, als sich die etwa 40 Beteiligten bei einem gemeinsamen Mittagessen im Garten hinter dem Pfarrhaus (Familie Scholz und Ellen Stier sei Dank!) noch weiter unterhalten konnten. Viele betrachteten und erwarben auch schöne Handarbeiten aus Guatemala.

Der Theologische Gesprächskreis einen Tag später brachte mit einem Film über ein anderes Projekt, das von der Iglesia Luterana de Guatemala verantwortet wird, eine Vertiefung. Dabei wurde u. a. sichtbar: Zufriedenheit damit, heute satt zu sein, hindert ein Planen und Handeln über den Tag hinaus; die Beschränkung von Solidarität nur auf die eigene Familie erschwert nutzbringende Zusammenarbeit in etwas größerem Rahmen; dazu trägt auch der Machismo bei; begründete Furcht vor Korruption macht misstrauisch gegen jede Art von Organisation; die Hälfte der Bevölkerung gehört 22 verschiedenen Maya-Völkern an, für die Spanisch eine Fremdsprache ist; 30 Prozent sind Analphabeten; die Regierung zeichnet sich durch Untätigkeit aus; Kritik ist gefährlich…

Was bedeutet das für die Projektarbeit? Eine der ersten Bedingungen ist Kontinuität. Oft haben die Armen die Erfahrung gemacht, dass ein großartiges Projekt begonnen wurde, über die Köpfe hinweg, und nach einem Jahr waren die Helfer wieder fort und nichts gebessert. Dann kommt es darauf an, sich auf die Grundbedürfnisse zu konzentrieren: Essen, ein Dach über dem Kopf, Wasser. Es darf nichts nur verschenkt werden, eine Eigenleistung der Empfänger muss konsequent eingefordert werden. Dagegen würde ein Versuch, Organisationen aufzubauen und politisch zu wirken, die Kräfte übersteigen und auch von der deutschen Gemeinde nicht mitgetragen. Was aber ermöglicht werden soll: Lesen, Schreiben und Spanisch zu lernen, damit die Menschen aus den Elendsquartieren eine Chance bekommen, draußen, im weiteren Rahmen der Gesellschaft sich zu orientieren, Arbeit zu finden, Erfolg zu haben und - vielleicht - etwas von dem, was sie empfangen haben, zurückzugeben.

Den Abend schloss ein wechselseitiger Dank: Dank an Familie Schweikle für die geistige Bereicherung, Dank an die Gemeinde für die langjährige treue Unterstützung der Guatemala-Projekte. Sie wird noch viele weitere Jahre erforderlich sein.

Volker Amend