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Licht und Botschaft


Interview mit Peter Habermehl zu seiner Installation zur Luminale 2008 in der Johanniskirche

WIB: Kannst Du bitte am Anfang ein paar Rahmendaten zu Deiner Person sagen?

Habermehl: Ich bin mit Leidenschaft Fotograf. Seit 1994 selbstständig. Mit einer Partnerin zusammen betreiben wir eine kleine Werbeagentur "Petra Müller&Partner GmbH (Kommunikationsdesign)". Ich habe meine Meisterprüfung gemacht und bin ich so der klassische Werbefotograf. Also Fotografie im Studio und auch draußen. Werbefotografie im Allgemeinen ist unser Schwerpunkt.

WIB: Wo ist der Bezug zwischen Deinem Beruf und dem Luminale-Projekt 2008 in der Johanniskirche? Du hast da ja keine Fotos gemacht...

Habermehl: ... das A und O der Fotografie ist, mit Licht Stimmung zu erzeugen. Ich muss mit der entsprechenden Lichtgestaltung Materialoberflächen zeigen, ich muss Räumlichkeiten in bestimmte Stimmungen versetzen - und das geht nur mit dem Einsatz bestimmter Lichtquellen und im Zusammenspiel der Lichtquellen.

WIB: Fangen wir mit der Idee an: wie bist Du auf die Idee gekommen, die Licht-Installation so zu machen, wie Du Sie jetzt geschaffen hast, anlässlich der Luminale 2008?

Habermehl: Als vor zwei Jahren das letzte Luminale-Projekt zu Ende ging, hat man mich gerufen, so am letzten Tag, doch noch mal schnell ein paar Fotos zu machen. Und da kam mir spontan diese Idee: "Sieh die Kirche in einem anderen Licht!"

WIB: Du bist also nicht von Bildern ausgegangen, sondern von einem Appell - "Sieh die Kirche in einem anderen Licht!" Auch wenn man sich mit Dir während der Luminale unterhalten hat, merkte man, wie wichtig Dir dieses Anliegen war.

Habermehl: Mir war es ganz wichtig, dass wir eine Installation schaffen, die eine Botschaft hat. Ich wollte unter gar keinen Umständen, ein interessantes Licht in der Kirche installieren, um der schönen Dekoration willen, sondern ich wollte wirklich damit etwas bewegen und eine Botschaft vermitteln.
Das ist für mich aber die Hauptaufgabe der Kunst: dass sie Botschaften vermittelt. Wenn ich mich mit Kunst auseinandersetze und beschäftige, dann möchte ich, dass mir da jemand was vermittelt, dass mir da jemand etwas sagen will, und ich erkenne das, und setze mich dann damit auseinander, in der Art und Weise, wie er das da auch gemeint hat. Das ist für mich eigentlich der wahre Sinn der Kunst.

WIB: Die Installation hatte einen visuellen Aspekt, einen auditiven und einen haptisch-interaktiven - die Besucher konnten zwischen den drei Lichtstimmungen umschalten. Fangen wir mit dem letzten an, warum müssen die Benutzer da überhaupt was machen?

Habermehl: Diese Botschaft des Anders-Betrachtens wird viel, viel intensiver, wenn ich jemanden dazu überreden kann, selber Hand anzulegen, also das selber in die Hand zu nehmen.

WIB: Warum der auditive Teil dazu, warum die Musik?

Habermehl: Grundsätzlich hatten wir von Anfang an geplant, leise Untergrundmusik in der Kirche zu haben, nur um kein Tonloch entstehen zu lassen. Dann haben wir aber festgestellt, so beim Testen und Ausprobieren, wie sehr diese Lichtstimmungen sich durch diesen akustischen Teil unterstützen lassen. Und dann haben wir da noch mal einen großen Schwerpunkt draufgelegt.

WIB: Die Musikstücke sind zum Teil unerwartet für den kirchlichen Raum ...

Habermehl: ... Ja, und Obertongesang ist was ganz besonderes, der hat eine ganz tiefe mystische Bedeutung.
Das zweite, das war diese lebendige Kirche, also, da wollten wir demonstrieren, dass die Kirche lebendig und weltoffen ist, und auch über den Tellerrand der Kultur guckt, deswegen diese Regenbogenfarben und tanzende Lichter, und dazu hat sich das einfach angeboten, afrikanische Trommelmusik drunter zu legen.
Und das dritte, sanft, beruhigend, ausgeglichen, meditativ. Also, wer auf der Suche ist, nach Antworten auf Sinnfragen, der kann mit dieser Musik und dieser Lichtstimmung vielleicht was anfangen. Es lädt dazu ein, zu meditieren.

WIB: Haben die Farben eine Bedeutung gehabt oder ging es Dir vorwiegend um Stimmung.

Habermehl: Es ging mir vorwiegend um Stimmung. Natürlich, in dieser blauen mystischen Situation kommt dieses warmtonig beleuchtete Kreuz mit Jesus besonders zur Geltung. Das ist das, was im Mittelpunkt der Installation steht.
Die Regenbogenfarben um den Altar herum: Symbol für die Weltoffenheit und, schon ganz ungewöhnlich, eine Disko-Kugel in der Kirche. Aber letztlich ist es egal, wo die Lichteffekte herkommen, diese sich drehenden Lichter in der Kirche, die waren einfach wunderbar und haben ganz toll zu dieser Lebendigkeit gepasst.
Und das Dritte war auch eine Lichtstimmung, die sich erst nach und nach aufgebaut hat. Zuerst gab es nur ein Licht von Außen, und dann ein Licht auf dem Altar, und dann gab es eben ein gleißendes helles Licht von Oben. Wir nannten das "himmelsoffen".

WIB: Inwieweit war es eine Herausforderung, die Lichtinstallation um den Altar herum zu machen, und nicht in irgendeinem freien Raum, Industriehalle, Vortragsraum, das stelle ich mir einfacher vor, als so ein Altar, der ja an sich schon eine Aussage hat, das steht ein Kreuz, da stehen Kerzen...

Habermehl: ... also ein anderer Raum stand überhaupt nie zur Debatte, es ging darum, in der Johanniskirche, in dieser Gemeinde, ein Luminale-Projekt zu installieren, es ging nicht darum, irgendwo, irgendwas zu machen, sondern ganz konkret, da in dieser Kirche.

WIB: Die Johanniskirche war während der Luminale zwischen 20 Uhr und 23 Uhr offen, Du warst mit anderen Gemeindemitgliedern vor Ort. Was sind da Deine Erfahrungen, wie waren da die Reaktionen der Besucher, was haben die Leute gesagt?

Habermehl: In den fünf Luminale-Tagen hatten wir 370 Besucher. Die meisten sind erst einmal rein in die Kirche, haben sich hingesetzt, und haben noch gar nicht die Möglichkeit genutzt, selber am Schalter zu drehen, also haben erst einmal die Stimmungen auf sich wirken lassen, und später dann, beim Rausgehen, haben sie doch einmal versucht, wie fühlt sich das denn an, wenn ich jetzt einmal selber am Schalter drehe, und die Lichter verändern sich.
Es gab natürlich auch welche, die sind direkt auf diesen Schaltkasten zu, und haben es mal ausprobiert, aber das waren nur ganz, ganz wenige. Die meisten haben die meditative Stimmung sehr genossen.
Also es gab Menschen, die saßen über eine Stunde in der Kirche, und es hat sie überhaupt nicht gestört, wenn dann hinten irgend jemand gedreht hat, und plötzlich ist aus dieser blauen Lichtstimmung dann die Trommelstimmung geworden.
Es kamen viele Leute, die angeregt haben, ob man diese Lichtinstallation nicht für Gottesdienste nutzen könnte, oder ob man nicht sogar andere Gottesdienstformen anbieten könnte, die diese Lichtinstallationen nutzen, zum Beispiel meditative Gottesdienste in den Abendstunden, das ist ganz häufig gefallen.

WIB: Du hast jetzt im Interview mehrfach "Wir" gesagt, wer ist denn noch alles "wir"?

Habermehl: Also natürlich gehört Eva Häfner und Friedhart Lehman dazu. Und wir haben alles, was installiert wird und die Pressearbeit gemeinsam besprochen. Das Konzept kam von mir, ich habe es letztlich auch ausgeführt, aber die zwei waren immer involviert. Zusammen haben wir rund 50 Leuchten angebracht und rund 500m Kabel verlegt.

WIB: Letzte Frage, weitere Projekte? Kassel Documenta?

Habermehl: (lacht) Nee, ich denk' aber schon mal über die nächste Luminale nach. Aber da sage ich jetzt noch nix dazu.
Nächste Projekte ja, ich mache für den WIB-Punkt Kirchenladen in der Saalburgallee zwei Projekte, eine Infowand und ein Sinnobjekt.

WIB: Vielen Dank für das Gespräch!



Das Gespräch führte Ralf Jankowski für die Gemeindezeitung "Wir in Bornheim (WIB)" der ev. Kirchengemeinde Frankfurt am Main - Bornheim, No. 3, 2008. Peter Habermehl ist zu erreichen unter p.habermehl ät mp-team.de.

Bilder von der Eröffnung der Luminale in der Johanniskirche 2008.

 







Letzte Änderung: 15.03.2010 von Jk.